Mahlzeit!
Von den berühmten Dabbawallas von Mumbai hatte ich schon vorher gehört, ein klassisches Brandeins-Thema: wie Wirtschaft eben auch funktionieren kann. Die Dabbawallas sind 5000 in einem Kollektiv organisierte Essensausträger, die es jeden Tag schaffen, 200.000 Henkelmänner mit liebevoll gekochter Hausmannskost, dabba (Hindi) oder auch tiffin (englisch) genannt, aus den Vororten von Mumbai an ihre Empfänger in der Innenstadt auzuliefern. Es ist eine hocheffizient arbeitende Menschenkette mit etlichen Verzweigungen: Ein Henkelmann wird von einem Dabbawalla abgeholt, mit dem Fahrrad zur nächsten U-Bahn-Station gebracht, dort zusammen mit anderen Henkelmännern im Gepäckwagen in die Innenstadt gefahren, die von einem weiteren Dabbawalla ausgeladen, auf eine andere Linie umgeladen, am Zielort von wieder einem anderen ausgeladen, auf Holztragen sortiert, an einen weiteren Sammelpunkt gebracht und von dort mit dem Rad oder zu Fuß, per Holzkarren oder auf dem Kopf getragen pünktlich zur Mittagszeit ausgeliefert werden, so wie jeden Tag. Anschließend wird der leergegessene Henkelmann auf demselben Weg wieder nach Hause transportiert. Die Fotos sind gegen Ende der Mittagszeit entstanden, unser freundlicher Dabbawalla oben hat gerade Pause und wartet, dass die Essenden ihre Henkelmänner zum Sammelort bringen. Der Service kostet 400 Rupien im Monat, etwa sieben Euro.
Wie das funktioniert und dass es überhaupt funktioniert, ist das Thema vieler Studien. Das Wirtschaftsmagazin Forbes hat den Dabbawallas ein Sigma 6-Rating gegeben, die höchste Effizienzstufe, denn angeblich geht nur eine von sechs Millionen Lieferungen mal daneben. Richard Branson hat schon mal einen Tag mit einem Dabbawalla verbracht, um hinter ihr Geheimnis zu kommen – was keines ist, sondern nur die strikte Befolgung eines Farb- und Zahlencodes auf den Henkelmännern – die meisten Dabbawallas, die alle aus einem Dorf aus der Nähe von Pune stammen, sind Analphabeten.
Hier bzw. hier weitere Geschichten über sie, hier auch ein Filmbericht.
März 18th, 2011 at 16:19
Chapeau!
März 18th, 2011 at 16:38
Ich bin beeindruckt!!!
März 18th, 2011 at 16:51
Wie schön – endlich gibt es hier mal wieder eine Essens-Geschichte!
März 18th, 2011 at 16:54
McKinsey hat vor vielen Jahren versucht, dem Geheimnis dieser Logistik auf die Spur zu kommen… vergeblich.
Gehts Ihnen mittlerweile wieder besser in Bombay?
März 18th, 2011 at 17:06
Wow, was für eine logistische Meisterleistung!
Danke fürs Detailfoto mit dem Adresscode. Auf die verlinkten Berichte bin ich schon gespannt.
März 18th, 2011 at 17:44
(Nach entsprechendem wiederholtem Frusterlebnis):
Ach, wäre das schön, wenn die Dt.Bundespost sich daran ein Beispiel nehmen würde…
März 18th, 2011 at 18:26
Das ist wirklich eine logistische Meisterleistung
März 18th, 2011 at 18:53
Doll.
März 18th, 2011 at 19:58
bei manchen kantinen wünscht sich der ein oder andere in deutschland sicher auch oft einen dabbawalla herbei
März 18th, 2011 at 21:13
Sehr faszinierend!
März 18th, 2011 at 21:33
Oha, dazu habe ich zweimal eine Doku im TV gesehen. Das Essen muss bis zu einer bestimmten Uhrzeit gekocht sein, bzw. bereit stehen zum abholen und dann beginnt täglich eine ganz wunderbare Choreographie im scheinbaren Chaos an deren Ende alle Adressaten pünktlich ihr Essen ins Büro/in die Firma bekommen. Absolut zauberhaft hat mich das angemutet.
März 18th, 2011 at 22:16
Lecker – ob die auch nach San Telmo in Buenos Aires liefern?
März 19th, 2011 at 00:09
Ich möchte bitte Dabbawallas in Hamburg. Ich bin auch gut zu ihnen. Versprochen.
März 19th, 2011 at 07:22
Da muss ich schnell nochmals einen starken Kaffee trinken bis ich dieses System kapiere !
März 19th, 2011 at 07:44
Danke Meike, jetzt weiß ich endlich wo das Wort “tiffin” herkommt! In meiner Kindheit in England wurde es noch oft benutzt von der älteren Generation als Bezeichnung für “meal”, also stammte es aus der Kolonial-Zeit……. you know, when I was in India and all that.
März 19th, 2011 at 11:36
@Wasserbildmitrose
Meike + Rose = Frauenpower
März 19th, 2011 at 16:15
Wow, wie Vita schon bemerkte, wenn die Dt. Post mal so drauf wäre…..
März 20th, 2011 at 06:04
Toll! Es geht nichts über Hausmannskost. Und in Indien ist die besonders gut und gesund!
März 21st, 2011 at 08:29
Über dieses Phänomen habe ich auch schon einiges gelesen bzw. Berichte gehört.
Wirklich faszinierend.
Und die Tatsache daß die Menschen aus den Vororten sich lieber was von zuhause bringen lassen anstatt auf Imbissbuden zurückzugreifen.