10 Dinge, ich ich in Indien gelernt habe

1. Geduld zu haben. Mit sich, mit dem Land, mit der Kollision von beidem. Indien war der größte Kulturschock, den ich je erlebt habe. Nach drei Tagen wollte ich nur noch weg. Und bin unglaublich froh, durchgehalten zu haben. Ich war zwar bis zum Ende fassungslos, aber diese Fassungslosigkeit hat mir von Tag zu Tag besser gefallen. Sie hat sich auch verändert: Anfangs fassungslos über das Elend, den Dreck, die Armut, das Chaos, den Lärm, den Wahnsinn. Am Ende über die Schönheit, die Beharrlichkeit, die Vielfalt und immer noch den Wahnsinn.
2. Neue Verkehrsregeln zu akzeptieren. Erstens: Verkehr wird per Lautstärke geregelt. Größte Hupe = Vorfahrt. Fußgänger ohne Hupe = rennen. Und: Lastwagen haben immer Recht. Zweitens: Optimale Ausnutzung der Straße: Auf zwei Fahrspuren passen drei Autos nebeneinander, auf ein Motorrad vier Leute, in einen Jeep 20. Man muss nur wollen. Drittens: Es herrscht Linksverkehr. Und zusätzlich Rechtsverkehr, wo es sich anbietet. Es kommt immer drauf an.
3. Bei der Gelegenheit habe ich auch gleich eine der wichtigsten Reiseregeln überhaupt gelernt: akzeptieren, was ist. Die eigenen Werte zuhause lassen, die gelten hier nicht. Stattdessen: zuschauen, zulassen. Das Ich aus der Gleichung rausnehmen.
4. „Bas!“ heißt „Schluss jetzt“. Nützlich bei nervigen Andenkenhändlern.
5. Den indian head wobble. Ein seitlich wiegendes Kopfwackeln, das je nach Kontext völlig unterschiedliche Bedeutungen haben kann. Entweder: Ja. Oder: okay, habe ich verstanden. Oder: macht doch nichts. Oder: keine Ahnung. Oder: kommt überhaupt nicht in Frage, aber das werde ich dir nicht auf die Nase binden. Je schneller der Kopf wackelt, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass etwas verstanden und positiv beschieden wurde. Und dass möglicherweise sogar eine Aktion erfolgt. Die Geste ist so nützlich und ansteckend, dass ich sie sofort selbst ins Repertoire aufgenommen habe.
6. Fladenbrot mit der rechten Hand zu zerteilen, ohne es mit der Linken festzuhalten.
7. Wasser aus einer Flasche zu trinken, ohne die Lippen an den Rand zu setzen. Die Inder gießen sich das Wasser aus ein paar Zentimetern Entfernung in den Mund, um die Flasche teilen zu können, denn aus demselben Gefäß zu trinken hat hier in etwa den Ekelfaktor wie bei uns, dieselbe Zahnbürste zu teilen. Diese Trinktechnik musste ich natürlich unbedingt ausprobieren. Und eines Tages, viele nasse Hemden später…
8. Dass man jede Sache immer auch aus einer anderen Perspektive sehen kann. Außen an Restaurants und auf Speisekarten steht oft „non-veg“, nicht-vegetarisch: Fleisch ist die Abweichung, nicht die Regel. Genau dieses Prinzip gilt für vieles, vieles andere mehr.
9. Dass man anders ist, als man denkt, lernt man nicht nur auf Reisen, sondern auch von Freunden. Am allerbesten natürlich, indem man mit ihnen reist.
10. Wenn man von einem Reiseführer in ein Geschäft gebracht wird, zahlt man den doppelten Preis. Nämlich seine Kommission gleich mit.

13 Antworten to “10 Dinge, ich ich in Indien gelernt habe”

  1. Sigrid Says:

    Hallo Meike

    lieben Dank , es ist unglaublich und sehr bereichernd . ich freue mich jeden Tag
    auf diese Seite. bitte weiter so , ich finde dich unter anderem, sehr mutig.

    alles gute weiterhin, liebe Grüße Sigrid

  2. nico Says:

    schon wieder ein land verlassen.. schade, wie schnell die zeit vergeht.. und ich wäre super gerne auf meike art und mit meike nach namibia gereist..
    indien war toll zu lesen…
    super schön..und diese bilder
    der blog ist wirklich eine bereicherung fürs jahr…
    wie zuvor das jahr das blaue kleid..
    ich hoffe, es wachsen schon ideen fürs nächste jahr

    liebste grüße
    nico

  3. nina Says:

    wie schön mit ihnen in dien gewesen zu sein. ich folge seit dem ersten tag. vieeeelen dank schon mal an dieser stelle & weiterhin eine sichere, ereignisreiche, spannende reise!

    beste grüße
    nina

  4. Karin Says:

    Ich meine, mich entsinnen zu können, dass es bislang für jede Stadt eine Art Zusammenfassung gab. Jetzt habe ich alles rauf unter runter gescrollt, aber absolut nichts gefunden. Bilde ich mir das nur ein oder habe ich es einfach komplett übersehen. Aber wo sollte ich sonst den Begriff Tim Tam Slam herhaben?????
    Kann mir da bitte bitte jemand helfen?

  5. Christine Says:

    Puh, also ich fand Indien irgendwie anstrengend! Selbst beim Mitlesen schon ;-)
    Lustig, denn ich hab gerade den Film “Eat pray love” gesehen und auch da fand ich die Station Indien am anstrengendsten ;-)
    Am meisten mußte ich eben bei Ihrer Beschreibung der Verkehrsregeln lachen *g*

    Viel Spaß auf jeden Fall bei Ihrer neuen Station! Ich freu mich schon riesig aufs Mitlesen :-)

    Liebe Grüße,
    Christine

  6. meike Says:

    @Karin: Nein, das sTIMmt.

  7. Emmily Says:

    Statt Shanghai wäre doch auch Saigon interessant gewesen…. Maxima ist gerade da

  8. Sonja Says:

    Ach Meike, wie schön, dass ich durch Sie jetzt auch mal in Indien war. Freu mich schon auf den nächsten Monat.
    Cheers!
    Sonja

  9. ann Says:

    alle meine freunde lesen MEIKE und lernen deutsch dabei..

  10. LvO Says:

    “Everything is okay in the end. (..) Gelegentlich dauert es halt ein bisschen länger mit dem Okaywerden”, um mal Meike W. zu zitieren. Gerade mal ein Monat ist diese Einsicht her – aber irgendwie fuehlte sich Indien deutlich laenger an. Kam mir zumindest beim Mitreisen im Netz so vor. Dafuer siehst Du auf dem Taj-Foto sehr schoen und schon ziemlich erleuchtet aus. Da brauchst Du Dich vor China wirklich nicht fuerchten. Herzlich willkommen erst mal. Und falls irgendetwas sein sollte – meld Dich, ok?

  11. Dievommond Says:

    also, dieser Post freut mich sehr! So war Indien doch eine gute Erfahrung und wahrscheinlich wirst Du dann Shanghai auch ganz gut verkraften. Auch wenn es hier anders ist, gibt es doch Aehnlichkeiten…

    Bist Du etwa schon da? liebe Gruesse, Julia

  12. Carla Says:

    “Bei der Gelegenheit habe ich auch gleich eine der wichtigsten Reiseregeln überhaupt gelernt: akzeptieren, was ist. Die eigenen Werte zuhause lassen, die gelten hier nicht. Stattdessen: zuschauen, zulassen. Das Ich aus der Gleichung rausnehmen.”

    Gänsehaut! Fast auf’s Wort genau wie das, was mir ein Freund zu seiner Indien-Erfahrung geschrieben hat. Wunderbar!

  13. Escaperience Says:

    Vielen Dank fuer das tolle Blog und die schoenen Fotos, wir schauen hier oft vorbei! Wir waren auch gerade in Mumbai und es ist bisher bei Weitem die angenehmste und am wenigsten stressige Stadt in Indien… Viel Spass weiterhin und alles Gute!