Reisebegegnungen

I.
Heute morgen beim Frühstück: Drei Herren im besten Alter, Brüder, auf Kubatour. Einer aus Hamburg, einer aus Bremerhaven, einer aus Stockholm. Der älteste, 75, und der zweitälteste, 73, sind zur See gefahren, „die schönste Zeit meines Lebens“, sagt Sigi, der 73jährige, „aber dann habe ich meine Frau kennengelernt und dann… Tja.“ Er war zum ersten Mal 1951 als Schiffszimmerer auf Kuba, „da war vielleicht noch was los hier!“ Jetzt dagegen – er lacht ein bisschen traurig. Sie haben in den letzten Tagen nach ihren alten Kneipen gesucht. Alle dicht, bis auf eine, „Dos Hermanos“, unten am Hafen. Ich verspreche, dort heute Abend einen Rum auf sie zu trinken.

II.
Zwei Männer, jung genug, um mich zu siezen, lassen sich in die Sessel mir gegenüber fallen und klappen den Laptop auf. „Welchen Tag haben wir heute?“ – „Den 2.“, sage ich. „Und welchen Wochentag, Sonntag?“ Ich ziehe die Augenbrauen hoch. „Wir sind Amateurboxer, wir sind seit vier Tagen zum Trainieren hier“, kommt die Erklärung. „Und das geht so auf die Birne?“ frage ich. „Nee, ja, haha, wir stehen halt die ganze Zeit im Ring oder machen Ausdauertraining. Da vergisst man schon mal die Zeit.“ Der eine ist Flugbegleiter bei Air Berlin, die beiden fliegen seit Jahren um den Globus, um Kampfsportarten zu trainieren, zum Kickboxen nach Thailand und jetzt nach Kuba zum normalen Boxen. „Der beste Ort dafür.“ Gestern haben sie einen Weltmeister getroffen, der ist hier einer von vielen. Sie sind in einer casa particular untergekommen, einer Privatpension. Der Besitzer ist zufällig selbst Boxer, der hat sie sofort mitgenommen in seinen Club. „Wir waren keine zwei Stunden da und standen schon im Ring.“ Nachher kocht ihnen die Frau des Boxers das Abendessen, sie geben ihr Geld für den Einkauf, „so können die auch mal Fleisch essen.“ Richtig nette Jungs.

III. Dazwischen: für zwei Dollar Zimmer 511 im Ambos Mundos angeschaut. Hier wohnte Ernest Hemingway sieben Jahre lang ab 1932. Seine Schreibmaschine steht hier – sagen wir: eine Schreibmaschine steht hier – , ein paar Angelruten, ein paar afrikanische Speere, im Schrank hängt eine Lederweste mit auffällig dicken E.H.-Lederinitialen, dass es auch ja jeder mitkriegt, was für ein Kerl da vor einem steht. An der Wand: Fotos seiner Eroberungen, Marlene Dietrich ist auch dabei.

Kuba ist ein Männermuseum. Die Jungs, die Männer hängen hier ihren Träumen nach. Nach der guten alten Zeit, die ja auch tatsächlich noch als Oldtimer durch die Straßen klappert, nach einem Phantasieleben als Großwildjäger oder Hochseeangler oder Boxer oder Revolutionär. Hier ging das alles mal. Und hier geht es noch.


27 Antworten to “Reisebegegnungen”

  1. jule Says:

    Ist die aktuelle Hotelheimat bis zum Aufbruch gen Hafen gebucht – oder kommt das Ausprobieren einer casa particular in Frage? Könnte ja interessant werden. Auch ohne eigene Boxambitionen.
    Besuchst du die Jungs mal beim Training? ;-)

  2. binewin Says:

    danke für den bericht!
    no fotos today??

  3. meike Says:

    @jule: Ich bleibe vorerst, zumal ich ab Sonntag Besuch einer Münchner Kollegin bekomme. Inzwischen ärgere ich mich aber auch fast, dass ich nicht in einer casa particular bin – ins Parque Central zum Wifi muss ich so oder so pilgern. Zum Boxen gehe ich auf jeden Fall, es gibt hier ein paar wunderbar heruntergerockte Clubs.
    @binewin: Fotos werden nachgereicht. Technische Probleme…

  4. Toni G. Says:

    Was hat das eigentlich mit Hemingway auf sich, dass alle Bars der Welt (und offensichtlich auch Hotelzimmer) zu Pilgerstätten werden, wo Hemingway mal einen Pups gelassen hat. Wo andere Schriftsteller sich einen hinter die Binde gekippt haben interessiert doch auch keinen Menschen. Ich frage ehrlich interessiert. LG!

  5. Renata Says:

    Also ich weiß nicht, wenn ich so Ihre ersten Berichte aus Havanna lese da drängt sich mir der Gedanke auf ob es nicht doch besser gewesen wäre gleich in Frankfurt auszusteigen …. Zumindest wäre das das Männerbild einer Single-Frau noch EINIGERMASSEN in Ordnung geblieben.

    Oder drängt sich mir jetzt einr falscher Eindruck auf?

  6. Simone nieder Says:

    Liebe Meike,meine Schwester lebt und arbeitet seit 2 1/2 Jahren in Havanna. Vielleicht möchtest Du noch ein paar Tipps um Havanna und Cuba besser kennenzulernen??? Ich Stelle gerne einen Kontakt her…ansonsten bin ich begeisterte Leserin Ihrer Berichte…..vielen Dank dafür….

  7. Marie Says:

    @Toni LOL

    Hemingway ist halt die Verkörperung des Männlichen, und dann entgegengesetzt zu dem, was man an geballter Männlichkeit vor sich sieht, die sensible Schreibweise mit dem Ausdruck großer Gefühle, in kargen Worten, ohne Geschwafel, dann seine Depressionen, dann sich selbst zu erschießen – aus diesem Stoff sind die Unsterblichen gemacht, wie auch James Dean und Marilyn Monroe usw. usf.

  8. Clara Says:

    Hi, hi – Männermuseum – jetzt verstehe ich endlich, warum einer meiner arg testosteronlastigen Kollegen unbedingt auf Kuba seinen Fahrradurlaub verbringen wollte :-)

  9. Henriette Says:

    Liebe Meike,

    wie war das noch gleich, das mit dem Armbändchen, auf dem die persönlichen Daten desjenigen stehen, der es trägt? Ich habe den Faden zu diesem hilfreichen “Dingens” verloren. Können Sie bitte helfen? Und: tragen Sie es (noch)? Und: wo gibt es das? Danke schön.
    Alles Gute und schöne Zeit in Havanna,
    Henriette

    @Claus: Cla-haus ??

  10. A. L. Says:

    @Henriette – DAS habe ich mal für sie hier nachgeschaut – links unter “how to” – Sicherheitshalber vom 26.6.2011 :
    http://www.vormirdiewelt.de/?p=1787

  11. Emmily Says:

    Claus wird wohl einen Maulkorb aus zartbitterer Schokolade erhalten haben.
    Für alle Mitreisenden einen schönen 2.Advent
    E.

  12. jule Says:

    @Henriette: Meikes blaues Armbändchen von roadid.com findest Du im Blog-Eintrag “Sicherheitshalber” aus San Francisco vom 26. Juni.

  13. jule Says:

    PS: http://www.vormirdiewelt.de/?p=1787

  14. Marie Says:

    @Emmily Zu Recht.

  15. Henriette Says:

    Danke Jule, das werde ich mir zulegen falls ich verloren gehe, bin ab Ende Dezember ganze 6 Wochen als house sitter in deeeeeepest Somerset unterwegs. Kenne weder Haus, Hund, Katze, und Pferde, die ich hüten soll (darf). Deren Menschen auch nicht, die gehen auf Hochzeitsreise. Hat jemand der im blauen Bus Reisenden mit house sitting Erfahrung? Schönen Sonntag allen.

    Cla-haus ? Miss you!

  16. Marie Says:

    @Henriette Somerset in Massachusetts?

  17. Renata Says:

    @Henriette
    house-sitting: Klingt abenteuerlich! Wa-hau ;-)

  18. Henriette Says:

    Marie:
    Genau in Bath (Unesco Weltkulturerbe), 30 km weg von Bristol, Somerset, Great Britain.

    Renata:
    Ja, das ist wow, und das meine ich ehrlich. Hab nie großartigere Menschen kennengelernt als auf diesem Weg. Ich überlege mir grad einen Blog einzurichten, um andere mitzunehmen.
    Ist das ‘ne gute Idee?

  19. petra Says:

    @Henriette – ich misch mich einfach ein – einen house-sitting blog aus England fände ich ganz klasse – oh please – yes!

  20. nico Says:

    @henriette..
    gute idee..bitte in den blog auch schreiben, wie man dazu kommt
    das ist ja eine riesen verantwortung

    6 wochen hochzeitsreise.. nicht schlecht :-)

  21. Anajana Says:

    @henriette: Ja, ich wäre auch gerne Blogbesucherin in England. Kling interessant. Wäre schön zu wissen, dass die Reisenden aus dem blauen Bus sich in England treffen können und das Projekt House-sitting in England begleiten.

    Allen Mitreisenden einen schönen 2. Advent!

    @meike: ich hoffe, Sie haben den Jetlag überwunden und vergnügen sich gerade mit erfrischendem Mojito bei kubanischen Rythmen.

  22. Frau S. Says:

    Kuba ist ein Männermuseum. Ich überlege, was wohl die Frauen tun, während die Männer ihren Träumen nachhängen und ob es in Deutschlang genau umgekehrt ist…?!

  23. Gisela Says:

    Ich habe die unbescheidene Frage, ob es auf Kuba, in Havanna oder Umgebung wohl auch Wasser gibt???

  24. Toni G. Says:

    @ Marie: Danke für die Antwort zum Thema Hemingway. Personenkult betrifft oft Menschen mit sehr widersprüchlichen Merkmalen: Genie vs. Wahnsinn, Reichtumg und Glamour vs. innere Traurigkeit etc. Bei Hemingway dann eben Draufgängertum vs. Sensibilität bis hin zur Depression. Das verstehe ich, zumal sich um seine eigene Figur auch noch eine Familiengeschichte gebildet hat, in der sich weitere sehr widersprüchliche und damit interessante Charaktere finden. Ich gebe zu, der Schriftsteller Hemingway ist mir unbekannt, das sollte ich wohl ändern.

  25. Marie Says:

    @toni

    Sehr viele Klassiker aus den 50ern oder 60ern lohnen sich definitiv zu lesen. Mein Lieblingsbuch aus den späten 50ern ist “Wer die Nachtigall stört” von Harper Lee.

  26. Rabin Says:

    @ Emmily: Ich hätte eine Frage und hoffe, es ist auch in Ordnung.
    http://www.vormirdiewelt.de/?p=1787

    Unter den Kommentaren erwähnen Sie, dass die Tochter einer Freundin als Ärztin in einem Zentrum für Organspende (?) gearbeitet hat und dann dort gekündigt hat. Z.Zt. ist das ein aktuelles Thema bei uns und wenn es für sie in Ordnung ist, würde ich gern mehr über die Gründe erfahren.

  27. claus Says:

    @Henriette:

    zu ihren fragen: (zitat): “..bin ab ende dezember ganze 6 wochen ALS HOUSE SITTER in deeeeeepest somerset (ENGLAND) unterwegs. kenne weder haus, hund, katze, und pferde, die ich hueten soll (darf). deren menschen auch nicht, die gehen auf hochzeitsreise. HAT JEMAND DER IM BLAUEN BUS REISENDEN mit house sitting erfahrung?..“(zitat ende)

    DAZU FOLGENDES:

    articles and experiences from our HOUSE SITTERS around the world (some are short – some are long and include advice as well as recounting their experiences)

    FINDEN SIE HIER:

    http : // www . housesitworld . com /testimonials2.htm

    WHAT DO HOUSESITTERS DO: the house sitter is expected to look after the home owners home as if it were their own – providing “lived-in” security, mowing lawns, maintaining gardens, collecting and forwarding mail, caring for pets and generally keeping the home neat and tidy. — house sitters would generally be responsible for their own food, telephone and utility use. whilst most agreements would be in exchange for free rent, some sitters may offer more of a formal caretaker role or perform other agreed extra duties in exchange for an agreed fee. this is totally up to the home owner and the sitter and should be agreed to in writing before commencing duties. (remember, a housesitter is not expecting to work on your property full time but is looking for a genuine “home” to live in, with it’s normal attendant responsibilities – house sitting should be a mutually beneficial arrangement) ..

    WHO ARE HOUSE-SITTERS: housesitters are ordinary people just like you – from all walks of life and available for all sorts of reasons. some are saving for a home, renovating their property, moving to a new area, re-establishing their lives, travelling with their own pets or wishing to save on motels or simply needing a break from the mobile home while touring. they range from young singles or couples to families to retirees, from professionals to home makers and all offer something different – as the home owners also have different and varying needs. no one “type” makes the “perfect sitter” for every situation.

    MEHR DAZU: hier der ultimative link dazu: www . housesitworld . com

    vlg.: claus