Puh
Komischer Tag, dachte ich, als der Transporter in meine Beifahrerseite krachte und mich ein paar Meter mitschleifte. Ich trat hart auf die Bremse und spürte schon den Schlag von hinten, als ein weiterer Wagen auf mich auffuhr. Das Merkwürdige an Unfällen ist ja nicht nur diese zeitlupenartige Verlangsamung, dank derer man jede Nanosekunde kristallklar erlebt, sondern das angestrengt erwachsene Funktionieren hinterher, mit dem man Kontaktdaten austauscht und kleine Witze reißt, während man innerlich noch zittert. MIr ist nichts passiert, danke der Nachfrage, der Transporter-Fahrer hatte Schuld, er schoss aus seinem Parkplatz heraus, ohne mich auf der Straße zu sehen.
Es war das erste Mal auf dieser Reise, dass etwas wirklich Unangenehmes passiert ist – eigentlich erstaunlich, wenn man bedenkt, was ich schon alles erlebt habe. Um so dankbarer bin ich, dass auch hier alles gut gegangen ist. Es hat mich einfach nur daran erinnert, dass alles auch ganz anders laufen könnte.
Der Unfall war eingebettet in einen Tag voller Lieblichkeit. Ein letztes Frühstück am Holztisch vor der Balancing Barn, im Pyjama in der Morgensonne. Ein letzter Besuch im Nachbarort Halesworth, einem unendlich charmanten Bilderbuchörtchen. Der Schlachter in blaugestreifter Schürze, das Sportgeschäft mit Cricket-, Angler- und Rugby-Ausrüstungen, die Besitzerin des Handarbeitsgeschäfts, die in der Sonne strickte – ich guckte lange in die Auslage des örtlichen Maklers.
Und am Abend, mit immer noch leicht flatternden Nerven, mein erstes Mal Ballett, Romeo und Julia mit den Bolschoi-Superstars Ivan Vasiliev und Natalia Osipova, auch im wahren Leben ein Paar. Ich verstehe ja nichts von der Sache, aber wie kann es sein, dass ein niedergeworfener Fehdehandschuh auf der Bühne mehr Lärm macht als die Landung von Vasiliev nach einem Sprung, bei dem er circa zehn Minuten in der Luft hängt? Den beiden zuzugucken macht etwas hysterisch. (Auch vor Lachen, denn… ich kann unmöglich die einzige gewesen sein, die ununterbrochen auf Vasilievs großzügig dimensioniertes Suspensorium gestarrt hat.) Am Ende des Abends saß ich da und dachte: Glück gehabt, wieder mal. Heute morgen, heute nachmittag und gerade eben.
Juli 16th, 2011 at 00:47
Puh. Schreck *Hand vorm Mund* beim Lesen. Wie gut, daß Dir nichts passiert ist. Ein aufmerksamer Schutzengel! – Was für ein Tag: danach geht das Leben einfach so weiter, trotz allem.
Erhol Dich gut! Das Adrenalin braucht bestimmt noch ein bißchen, bis es endgültig abgeflossen ist.
A good stiff drink or two might help.
Vieele Grüße aus Hamburg -
Vita
Juli 16th, 2011 at 01:21
Puls wieder im normalen Takt?
Hoffe, Sie finden wieder hinein in den “groove” der Weltenbummlerei.
Das “erwachsene Funktionieren” ist wieder einmal punktgenau formuliert
Sass neulich mit meinen 2 Kids (Baby und Kleinkind) in China im Aufzug fest. Handy funktionierte nicht, Notknopfanlage des Aufzugs mit viel gutem Willen ein bisschen. Kommunikation auf Chinesisch. Nicht wissend, ob sie mich verstanden hatten in der Zentrale (akkustisch und sprachlich…) sangen wir eine halbe Stunde lang alle Lieder, die uns einfielen, nebenher das Baby schaukelnd. Jede aufkeimende Panik beim Großen wurde mit einer lustigen Geschichte erstickt. Der beginnende Hunger des Babys mit Faxen und Blödelei gnadenlos überspielt.
Die rettende Crew stemmte dann nach 35 Minuten die Tür auf und grinste uns teilnahmslos an.
Hao de. Und der Tag plätscherte weiter so dahin.
Viel Spass weiterhin beim Entdecken der Welt!
Juli 16th, 2011 at 03:32
passen sie auf sich auf. wir haben noch fast ein halbes jahr mitlesen vor uns.
und bolschoi-ballett – wie schön.
alles gute auf ihren wegen
ingrid
Juli 16th, 2011 at 05:24
Liebe Meike!Ich hab beim Lesen mehrfach millisekunden die Luft angehalten! Mir geht es wie allen anderen, ich bin sehr froh, dass dir nichts passiert ist!
Ich konnte leider einige Zeit nicht lesen und hab mich sehr gefreut jetzt alles nachzuholen. Umso erschrockener war ich über den Bericht. Es war sehr passend geschrieben, dass wir in schlimmen schreckminuten immer noch soo funktionieren, wie es die Situation erfordert, auch wenn im Körper alles bebt. Bitte pass gut auf dich auf.
Viele Grüße Sandra
Juli 16th, 2011 at 05:53
Ooops
Und schon längst wollte ich fragen, wie das so mit dem Linksverkehr fahren so geht
In einer Großstadt wohl ein Alptraum
Sie hatten einen Schutzengel !!!!
Juli 16th, 2011 at 06:14
…und ausatmen. das war knapp! lg
Juli 16th, 2011 at 07:21
Liebe Meike,
das ist ein Schrecken, dass kann ich dir wohl sagen. Da ich ein Optimist bin und immer daran denke, dass Alles im Leben seine Bedeutung hat, wird es auch hierfür eine Erklärung geben. Wahrscheinlich wurdest Du so aus deiner Seifenblase gerüttelt oder was auch immer… Bin froh, dass dir nichts weiter passiert ist und das ist die Hauptsache !!!
Liebe Grüße und Erholung sendet Dir
Ulrike
Juli 16th, 2011 at 08:27
Gut, dass der Unfall glimpflich ausgegangen ist!
Halesworth – was für ein idyllisch wirkender Ort. Frage mich oft, warum man eigentlich nicht in so einem Dorf wohnt und ein kleines Lädchen, Café oder eine niedliche Pension betreibt.
Juli 16th, 2011 at 09:09
Oh je, das kenne ich! Das sind die Momente, in denen einem wieder einfällt, wie wertvoll das eigene Leben ist. Gut, dass Sie ihre Zeit nutzen. Gibt es etwas Schöneres als Reisen?
Ach ja: Nutella .
Juli 16th, 2011 at 09:13
Liebe Frau Winnemuth,
na zum Glück ist nichts Schlimmeres passiert. Der Schrecken reicht.
Um den Ballettbesuch beneide ich sie.
Naja, eigentlich um die ganze lange Reise
Weiter viel Glück und freudige Tage
Alles Gute!
Juli 16th, 2011 at 10:28
Da fällt einem wirklich nur ein herzhaftes, erschrocken-erleichtertes “puh!” ein…
(Mir passierte übrigens der erste Unfall meines Lebens auch in England auf dem Lande, und auch fast genau so. Alles eben beim Lesen nochmal erlebt.)
Juli 16th, 2011 at 10:46
“PUH” trifft es so srichtig! Bin erleichtert, dass alles gut gegangen ist und anscheinend auch das “danach” recht unkompliziert ablief. Manchmal kommt man ja in die unangenehme Situation, dass der, der den Unfall verschuldete, dies nicht einsehen will und recht unangenehm wird. Hoffe, das blieb Ihnen erspart!
Juli 16th, 2011 at 11:13
Glück gehabt! Puh, Ihren Schrecken kann ich aktuell gut nachvollziehen. Hatte selbst vor einigen Wochen einen Unfall auf der Autobahn. Alle Unfallbeteiligten sind zwar körperlich unversehrt geblieben (wahres Glück im Unglück), aber ich hab 2 Tage gebraucht bis das innerliche Zittern weg ging.
Die Balletttänzer vom Bolschoi sind wirklich beeindruckend (wenn die männlichen Tänzer nur nicht immer diese unvorteilhaften “Strumpfhosen” anhätten …).
Viele Grüße aus Osnabrück – MeikeM
Juli 16th, 2011 at 11:34
Uff.
Hier zeigt sich Deine auf mich gelassen-optimische Grundhaltung – nach dem Zittern.
Beim Unfall noch Glück gehabt, später wieder gezeigt, dass Du Glück _kannst_.
Ich wünsch Dir ein schönes und entspanntes Wochenende.
Juli 16th, 2011 at 11:57
Es ist ja das ganze Leben eine fragile Angelegenheit – und in solchen Momenten wird einem das so sehr bewusst. Gut, dass nix wirklich Schlimmes passiert ist!
Juli 16th, 2011 at 20:02
Als ich meinem Mann die Überschrift “Puh” zitierte, hörte er “Pooh”, dachte an Winnie und hatte auf eine Geschichte über den Bären mit mässigem Verstand gehofft. Aber Halesworth ist nicht Hartfield und Suffolk leider nicht East Sussex. Eigentlich schade, dass Du nicht Stöckchen auf der Brücke bei Nieselregen…
Juli 16th, 2011 at 20:54
da hat sie so einen schrecken..und schreibt so schön… das rührt mich immer wieder
ich hoffe, der makler hatte gute angebote… wenn du schreibst, dann möchte man einfach hin
ganz liebe grüße
nico
@kristin
syltella ist genauso eine sünde wert..
Juli 17th, 2011 at 07:40
Rein statistisch hat der europäische Verkehrsteilnehmer nunmal alle 7 Jahre einen Autounfall….damit darf ich meine Glückwünsche aussprechen, dass (ausser Nervenflattern) unsere Meike wohlauf und weiterhin mit Wit und Selbstironie gesegnet ist. Jetzt ist’s wieder gut für eine lange Zeit. Also, Armband weiter tragen
und auf zu “neuen Ufern”
Have fun!
Juli 17th, 2011 at 10:04
Zum Glück ist nicht mehr passiert. Puh.
Juli 17th, 2011 at 23:27
Na denn nochmal, Happy Birthday! Dicken Dankesknutscher an ihren aufmerksamen Schutzengel.