Landleben
In einem Haus wie diesem, so einsam es auch liegt, bleibt man nicht lange allein. Heute morgen hatten wir Besuch von zwei Radlern vom benachbarten Campingplatz und einem Paar aus der Gegend, das gerade in der Lokalzeitung etwas über das Projekt gelesen hat und neugierig war. Klar durften die mal gucken – und haben uns im Gegenzug gleich mit guten Ausflugstipps versorgt.
Wenn man wie ich ein halbes Jahr am Stück nur in Großstädten unterwegs war, sind ein paar Tage auf dem Land fast exotisch. Ich liebe besonders die kleinen Landkirchen wie die direkt bei uns vor der Tür, die mit Körben von Feldblumen geschmückt ist und am Eingang eine Tupperdose mit Keksen für die Besucher bereithält („bitte Dose geschlossen halten – wegen der Fledermäuse“). Oder die glücklichen freilaufenden Schweine. Oder die unbekümmert gestrichenen Häuser.
Im benachbarten Blythburgh steht die Holy Trinity Church, eine durch die unbemalten alten Glasfenster ungewöhnlich helle Kirche mit Backsteinboden und einer ebenso ungewöhnlichen Holzdecke mit Engelsfiguren.
Aber wir wollten ans Meer.
Southwold ist eine Art Großstädtertraum eines ostenglischen Küstenorts, viele Londoner haben hier Wochenendhäuser. Man merkt es an den Boutiquen und Ökoläden, aber es ist nicht unangenehm. Dazu ist das Städtchen zu eigenwillig. Es hat geschafft, dass sich keine der großen Supermarktketten hier ansiedeln konnte, und so hat man das Vergnügen, das Abendessen in lauter kleinen Lädchen zusammenkaufen zu müssen. Beim Schlachter gibt es Wurst von freilaufenden Schweinen, siehe oben, im Käseladen ebenfalls lokale Spezialitäten.
Mein Lieblingsort aber war sofort der Sailors’ Reading Room an der Promenade. 1864 gebaut, um die Seeleute und Fischer aus den Pubs herauszuhalten – die Damen des Ortes lasen denjenigen vor, die es nicht selbst konnten –, ist der Reading Room heute immer noch der Ort, an dem man sich für ein Stündchen aufwärmen kann. Auf dem Tisch liegt die Fishing News („The voice of the industry since 1913“) neben der East Anglian Daily Times, an den Wänden hängen Galionsfiguren, Schiffsmodelle, Fotos einiger Generationen von Fischerfamilien. Auf einer kleinen Schultafel stehen die heutigen Tiden. Ganz still ist es hier, nur von draußen dringt gelegentlich das Grollen der Brandung herein.
Sailors’ Reading Room, East Cliff, Southwold. Täglich von 9 bis 17.30 Uhr geöffnet, im Winter bis 15.30 Uhr.
Juli 14th, 2011 at 12:35
Liebe Meike,
das Wort “Stille” – nach meinem heutigen Dienst im RdS – lockt mich sofort zu einem “stillen” Kommentar: wie schön ist die Welt, oder ein Stückchen der Welt, das wir durch Dich hier kennenlernen! Hab herzlichen Dank und genieße den Landausflug. Lieben Gruß aus Hamburg!
Juli 14th, 2011 at 12:36
Schoen! Ich hatte mich schon gefragt ob Sie die ganzen Metropolen nicht irgendwann erschlagen… Hawaii schien da ne gute Abwechslung zu sein. Aber ich sehe Sie tun auch auf dem platten Land interessante Sachen auf
Juli 14th, 2011 at 15:12
Man – nein – ich müsste so reisen können wie Sie. Planen, entdecken, verweilen, genießen, kontaktieren (oder wie ich das nennen soll, dass Sie mit so vielen netten Leuten in der großen weiten Welt sich treffen und zusammen sind). Grandios Ihre Berichte.
Juli 14th, 2011 at 15:53
Bin über die schweinisch schönen Bilder entzückt!
Gruß!
Franka
Juli 14th, 2011 at 17:02
Wunderschöne Bilder! Die Kirche – ein Traum….Mal was anderes….Gabs denn schon mal CREAM TEA? Ich habe es geliebt bei meinem ersten England-Aufenthalt….die *SCONES*CLOTTED CREAM*und die *STRAWBERRY MARMELADE*
Juli 14th, 2011 at 17:48
Wenn Sie die Strandkabinen lieben, schauen sie sich doch die Photographien von Götz Diergarten http://www.kultur-online.net/?q=node/12811
an. Viel Spaß auf dem Land und Aloha