Im Jetlag-Himmel
4 Uhr. Die erste Kanne Tee im Bett, mit der aktuellen Ausgabe von Time Out. Hm, zu Take That ins Wembley Stadium gehen? Sie spielen diese ganze Woche, acht Konzerte, ein neuer Rekord (Michael Jackson hat es 1988 nur auf sieben gebracht).
5 Uhr. Ich stehe mit meiner Teetasse im Morgenmantel auf der Terrasse. Auf meiner Terrasse. Und gucke in meinen Park mit meinen Platanen. Aus Carls Küchenradio dringt leise Haydn nach draußen. Langsam wachen auch die Vögel auf.
6 Uhr. Laufsachen angezogen. Losgelaufen. Das erste Lied im Zufallsgenerator des iPod: Robbie Williams, Let Me Entertain You. Damit ist es entschieden: Take That, Wembley. Misstraue niemals dem iPod-Orakel.
An der Bushaltestelle: müde Nachtschichtgesichter, Mädchen, die sich aneinander festhalten, ein Typ mit Sonnenbrille und einem Red Bull in der zittrigen Hand. Vorbei an Lord’s, dem Allerheiligsten des Cricket. Mitte Juli wird es ein Testmatch zwischen England und Indien geben, wie üblich fünf Tage lang. Hingehen? Der iPod sagt nur „Do It (‘Til You’re Satisfied)“, was ja immer ein guter Rat ist, in diesem Fall aber nicht weiterhilft. Weiter in Richtung Regent’s Park. Ich weiß nicht genau, wo er liegt, aber es sind schon ein paar andere Läufer und Hundehalter unterwegs, man muss ihnen nur folgen.
Kreuz und quer durch den Park. Rund um volle Abfalleimer diszipliniert sortierte Haufen von Bierdosen und leeren Flaschen von einer nächtlichen Party. Die Engländer müllen sehr zierlich. An mir vorbei rumpelt ein Trecker mit sechs Fussballtoren auf einem Anhänger. Es wird langsam warm, der Beginn eines fabelhaften britischen Sommersamstags. Vorbei an The Honest Sausage („free range sausages, organic ice cream“). Plötzlich der Geruch von Meer und Fisch. Mitten im Park? Ah, das Seehundgehege des London Zoo.
Zurück entlang des Regent Canal. Keine Menschenseele unterwegs, nur zwei Hausboote tuckern mir langsam entgegen, die Besitzer hinterm Steuer winken herüber. Der Duft von Wicken und Rosen in den Blumentöpfen auf den ankernden Hausbooten.
7 Uhr. Im kleinen Laden in der Formosa Street ein Pfund Kirschen gekauft (könnte man es eigentlich schaffen, so um die Welt zu reisen, dass man immer Kirschsaison hat?) und die Wochenendausgaben von Süddeutscher (yay!) und Guardian. Der Zwanziger, den ich eingesteckt hatte, ist etwas feucht geworden. „Frisch gedruckt?“ fragt der indische Ladenbesitzer grinsend. Zuhause gleich wieder das Küchenradio angestellt. Dvorak. Tee gekocht, die Terrassentür aufgeschlossen. Auf der Balustrade, meiner Balustrade, läuft ein Eichhörnchen.
Jetzt frühstücken. Aber erst müssen die Pflanzen gewässert werden. Der Nachbar brät Speck.
Es ist das perfekte Glück. Und der Tag hat noch nicht mal angefangen.
Juli 2nd, 2011 at 12:35
So ging es mir in den ersten Tagen in Chicago neulich auch ! Auf dem Rückweg allerdings nicht mehr… Da wurde ich nur nachts um 2 wach und konnte nicht mehr schlafen, habe es aber krampfhaft versucht. Angesichts der Tatsache, dass ich vorher nur 2 oder3 Stunden im Bett war, vielleich auch die bessere Idee als aufstehen… Aber um die Zeit schon halb London beim Joggen gesehen haben: Respekt !
Juli 2nd, 2011 at 12:44
Hallo Meike,
kribbelt es Ihnen eigentlichen den Fingern, von London aus mal schnell für ein Wochenende Bach Hause zu fliegen? Oder würde das die Magie der Reise zerstören? Und die Frage des Wochenendes zwischen Deutschland und England: Klitschko oder Haye?
Ein wunderschönes Wochenende wünsche ich Ihnen!
Herzliche Grüße
Silke
Juli 2nd, 2011 at 13:20
Hach wie schön.
Juli 2nd, 2011 at 13:20
Was für ein perfekter erster Morgen. Ich wünsche Ihnen 29 weitere solche in London!
Sonja
Juli 2nd, 2011 at 13:24
klingt traumhaft und auf Take That bin ich mehr als neidisch!
Juli 2nd, 2011 at 13:56
sehr schöner morgen!
kontrastprogramm zu take that: kevin spacey spielt derzeit richard III.
wir sahen letzten monat die wunderbare kristin scott thomas in betrayal. große klasse. ich weiß aber nicht, ob es noch läuft.
Juli 2nd, 2011 at 14:38
London ist wunderbar. Bei warmem Wetter. Bei Sonnenschein. Gruß an Sabine Nelly
Juli 2nd, 2011 at 15:33
Hallo Meike,
ich freue mich so, dass Du gerade jetzt in London bist, da ich im August meine 13-jährige Nichte dorthin eingeladen habe, die große weite Welt zu erschnuppern.
Deine wunderbaren Tipps und Erfahrungen, die ich sehr interessiert verfolgen werde, tragen bestimmt dazu bei, dass ich ihr ganz besondere Dinge zeigen kann.
Darauf freue ich mich und wünsche Dir tollen Aufenthalt in dieser Super Stadt. Ich war mal beim Windhundrennen, das war seeehr besonders.
Viele Grüße
Katja
Juli 2nd, 2011 at 15:41
wo? ist die silber-teekanne aus buenos aires?
Juli 2nd, 2011 at 17:26
soeben ist mir eine träne über die wange gekullert.
Juli 2nd, 2011 at 17:44
Aber wirklich, wo ist die Teekanne aus Buenos Aires??
Juli 2nd, 2011 at 18:03
@claus, Ulrike: Der Teekanne geht es gut, aber sie braucht auch mal Ferien. Und in Carls Kanne passt viel mehr Tee rein.
@Holly: Richard III. steht schon auf dem Programm. Muss schauen, ob es noch Karten gibt.
Juli 2nd, 2011 at 18:14
Hier gilt ein Satz
Jede Stadt gibt sich so, wie man sie verdient…..
Juli 2nd, 2011 at 19:55
Take That? Du bist wohl nicht ganz bei Trost! Cricket? Unbedingt! Trink einen Cider auf Carl! Jemand, der solche guten Wohnungen hat, muss ein guter Mensch sein.
Übrigens bin ich am Montag für 2 Stunden in London.
Juli 2nd, 2011 at 20:04
Was für ein wunderschöner Start in den Juli.
Apropos Kirschsaison:
“Kirschen (wenn der Sommer kommt)” – http://vimeo.com/13483612
“[...]
Jeder Tag ruft deinen Namen
ich wünsch’ Glück an allen Tagen
nichts ist besser als eine Liebe auf der Welt.
Kirschen gibt’s an Sommertagen nur solang die Bäume tragen
und lebend gehen wir nicht mehr aus der Welt
[...]
In diesem Jahr gibt’s Kirschen wenn der Sommer kommt
und wenn du deine Augen offen hältst
kannst du dir die besten von den Bäumen nehmen.
[...]”
(Nils Koppruch)
Juli 2nd, 2011 at 20:54
Take That – hab ich vor einigen Jahren in HH gesehen! War nie ein Fan, aber das Konzert war grandios! Viel Spaß! – Die Wohnung – ein Traum! Der Garten – sensationell! Ich freue mich auf diesen Monat in London. Ich will auch bald hin!
Juli 2nd, 2011 at 21:27
Hach!
Juli 2nd, 2011 at 22:39
*Die Engländer müllen sehr zierlich*!
Wonderful! Just wonderful!
F.
Juli 3rd, 2011 at 05:58
Tja, wo gab es denn den allergroessten Müll??
Was mich in England immer wieder verwundert
Sind die unmöglichen Vorhänge, wie hingeworfene Stofffetzen
So macht man sich das ganze Hausbild kaputt
Ich finde allerdings , gar keine sind der allergroesste Luxus
Juli 3rd, 2011 at 07:29
Oh Mannomann, was hört sich das alles toll an!! Seitdem ich letztens mal auf einem Tagestrip in London war, gehört London eindeutig zu meinen Lieblinsstädten. Im Moment freue ich mich aber auf ein paar Tage in meiner deutschen Lieblingsstadt Hamburg und auf das dort stattfindende Take That-Konzert Hast du vielleicht den ultimativen Wir-lassen-den-Tag-nett-ausklingen-Tipp für Hamburg für mich, liebe Meike?
Juli 3rd, 2011 at 07:51
Aus Ihren Zeilen spricht erhöhte Glücksfähigkeit! Es ist schön, sich mitfreuen zu können.
Muss gleich mal gucken, wann Take That in HH sind – da will ich auch hin. Hoffe, dass Robby die Band bis dahin nicht wieder gesprengt hat – man hört so Gerüchte.
Juli 3rd, 2011 at 09:02
22. Juli – ich offe auch, dass das gut geht bis dahin
Juli 3rd, 2011 at 09:33
Bin sehr gespannt auf Ihren Take-That-Erfahrungsbericht! Habe sie in ihren “guten, alten” Zeiten öfters live gesehen und war jedes Mal begeistert! Dieses Jahr hatten allerdings bei Live-Auftritten Roxette den Vortritt, denn darauf habe ich auch seeehr lange gewartet
Juli 3rd, 2011 at 10:09
Liebe Reisende,
jetzt reise ich schon das halbe Jahr mit, so ganz im Stillen. Sehnsucht und eine Träne gab es hin und wieder, aber erst jetzt in London mit der Beschreibung dieses Morgens bricht es aus mir heraus und ich muss auch mal was sagen. Es ist schön mitzulesen und ein bisschen zu träumen. London ist eine meiner Lieblingsstädte, oft belesen, einige Male besucht. Danke.
Am Liebsten würde ich mich sofort in den Flieger setzen und für ein langes Wochenende auf den Spuren von Neil Gaiman’s Neverwhere wandeln, den Westteil von Highgate Cemetary mal wieder zu sehen, durch die Flohmarkt Hallen von Camden Town zu ziehen und auch ihren Spuren zu folgen. London nochmal anderst zu sehen.
Viele Grüße aus dem verregnenten Hannover
Sosa Kinat
Juli 3rd, 2011 at 10:48
@Jule: Was für ein toller Song!
Juli 3rd, 2011 at 11:39
welcome back to europe. und fühlt es sich ein wenig mehr heimatlich an? will man das überhaupt, nach 6 monaten fremde und exotik? viel spass in good old europe und mit take that.
gabriele
Juli 3rd, 2011 at 12:34
Glück muss man können.
@MeikeM: Find ich auch. Freut mich, dass Dir das Lied gefällt. Ein anderes sommerlich-beschwingtes Lied ist “Komm küssen”.
Ich weiß nicht, wo Du lebst, kann Dir Livekonzerte von Nils Koppruch aber sehr empfehlen.
Daten unter
http://www.nilskoppruch.de
und/oder unter http://nilskoppruchsupport.wordpress.com/
Mehrere Videos eines Livekonzerts gibts hier:
http://byte.fm/magazin/blog/2010/10/04/bytefm-bewegtbild-%E2%80%93-folge-3-flurkonzert-mit-nils-koppruch/
(Vorfreude: in drei Wochen gehts nach Hamburg zum Dachgartenkonzert auf dem Feldstraßenbunker. )
Juli 4th, 2011 at 13:59
AAAAHHH! Da kann man bestimmt SEHR schön frühstücken…….