Schlangestehen

Wenn Leute irgendwo Schlange stehen, das habe ich nach gut fünf Monaten wirklich gelernt, gibt es immer einen guten Grund dafür. Ob es Restaurants sind, Marktstände, Konzertkassen – in der Regel bin ich gut damit gefahren, mich einfach hinten anzustellen, auch wenn ich oft gar nicht so genau wusste, auf was ich da wartete.

Als ich also gestern abend nach Hause ging und in meiner Straße, der Green Street, eine Schlange sah (und außerdem noch gar keine richtige Lust hatte, nach Hause zu gehen), habe ich wieder mal den Publikumsjoker gezogen und auf mein Glück gehofft. Jackpot! Denn die Schlange wartete auf den Einlass zu Beach Blanket Babylon, dem am längsten laufenden Musical der Theatergeschichte. Seit 1974 wird es gespielt; nicht in derselben Form allerdings, es gibt regelmäßige, manchmal wöchentliche Aktualisierungen. Denn eigentlich ist es eher eine Nummernrevue mit Pop-Parodien, ein Galopp durch die Zeitgeschichte mit einer schütteren Rahmenhandlung um ein Schneewittchen, das seinen Prinzen sucht – nicht viel mehr als die Ausrede, im Minutentakt neue Figuren auftreten zu lassen, manche nur für wenige Sekunden. Zeitweise stehen da Lady Gaga, William & Kate, Obama, die Beatles, Barbra Streisand und Justin Bieber auf der Bühne und singen durcheinander – und irgendwie macht das alles Sinn. Es ist ein großes, wunderbar doofes, astrein kindisches Vergnügen; ich wette, es würde dem schlechtestgelaunten Menschen der Welt ein Grinsen ins Gesicht tackern.

Zu Recht legendär ist Beach Blanket Babylon – nach der Show ist übrigens der Straßenabschnitt zwischen Powell und Stockton Street in Beach Blanket Babylon Boulevard umbenannt worden, wieder mal eines dieser San Francisco-Straßenschilder – für seine spektakulären Perücken- und Hutkreationen, oft meterhoch und tonnenschwer. Hier sind einige zu bewundern.

Beach Blanket Babylon im Fugazi Club, 678 Beach Blanket Babylon Boulevard (Green Street)


6 Antworten to “Schlangestehen”

  1. Nelly Fleckhaus Says:

    Ich stelle mich an fremden Orten auch immer dort an, wo es eine Schlange gibt. Bei diesem Spektakel hat es sich für dich ja wirklich gelohnt…

  2. karin Says:

    Man sollte nur aufpassen, dass man nicht in der schlange zur Damentoilette steht. ist einer freundin am zuckerhut in rio passiert.

  3. Sabrina Says:

    Ich hätte grad einen schlecht gelaunten Menschen zur Hand, der sich das UNBEDINGT anschauen sollte…. (mein letzer Kunde!) :)

  4. Werner K. Says:

    Hallo Frau Winnemuth,
    ob Sie mir wohl ein Original-Autogramm von Neil Young zusenden würden mit der Widmung bzw. Beantwortung der Frage, ob er “Whip my Hair” singt oder nicht ? “Wäre doch gelacht”, haben Sie auf meine Kommentierung so OPTIMISTISCH geantwortet, weil Sie seinen Nachbarn Dale Djerassi fragen können. Ich glaube allerdings eher, dass Neil Young nicht nur ein Haus hat und wohl auch eher seine meisten Nachbarn nicht kennen wird.
    Viele Grüße

  5. Kristin Says:

    Ist das ein Hut? Wenn ja, dann habe ich höchsten Respekt vor dieser Frau! (Wenn nicht, dann auf jeden Fall vor der Inszenierung – und trotzdem vor ihr, cooler Style :) )

  6. Renata Says:

    Haha, der Publikumsjoker :-) Möchte mal wissen was passiert wenn ich hier in meiner bayerischen Winzigstadt an einer solchen Schlange anstehe ;-) Vermutlich war es ein Würstchenstand oder es gibt Freibier :-(