Substanziell
Ich saß da also heute morgen in meinem indischen Morgenmantel und trank chinesischen grünen Tee aus meiner argentinischen Silberkanne und guckte von meinem Alkoven aus hinunter auf den Teich mit den Koi-Karpfen und dachte: Glück. Dies. Ist. Es. Dies ist einer jener Momente, an denen das Jahr bisher so reich war. Und auch der geht vorbei. Schreib ihn auf, schnell, bevor er weg ist. Stattdessen fing ich an, in einem Buch über Tee zu blättern, das mir Shirley hingelegt hatte. Schlug eine Seite auf, rechts ein Foto mit silbernen Teelöffel, links ein Zitat aus Marcel Prousts Auf der Suche nach der verlorenen Zeit:
In der Sekunde nun, als dieser mit dem Kuchengeschmack gemischte Schluck Tee meinen Gaumen berührte, zuckte ich zusammen und war wie gebannt durch etwas Ungewöhnliches, das sich in mir vollzog. Ein unerhörtes Glücksgefühl, das ganz für sich allein bestand und dessen Grund mir unbekannt blieb, hatte mich durchströmt. Mit einem Schlage waren mir die Wechselfälle des Lebens gleichgültig, seine Katastrophen zu harmlosen Missgeschicken, seine Kürze zu einem bloßen Trug unsrer Sinne geworden; es vollzog sich damit in mir, was sonst die Liebe vermag, gleichzeitig aber fühlte ich mich von einer köstlichen Substanz erfüllt; oder diese Substanz war vielmehr nicht in mir, sondern ich war sie selbst.
Und jetzt gehe ich Klopapier kaufen.
April 21st, 2011 at 06:06
Wunderbar eingefangen, dieser Wechsel zwischen dem absoluten Glück und dem sehr profanen Alltag. Danke. Für Beides, auf dem wir Sie hier begleiten dürfen.
April 21st, 2011 at 06:12
Ein sonniges Lächeln am frühen Morgen…
April 21st, 2011 at 06:12
dafür liebe ich diesen Blog!!! danke!!!
Vielleicht könntest du noch eine kurze Abhandlung über die unterschiedlichen Klopapiers dieser Welt dem Blog hinzufügen. Es gibt da ja wahre Unterschiede zwischen Mehrlagigkeit, Flauschigkeit, Farbe und auch Geruch.
April 21st, 2011 at 06:19
[ich mag das bild]
April 21st, 2011 at 06:21
bin aufs schönste berührt und fange meinen Tag mit einem unerhörten Glücksgefühl bei einer Tasse Tee an.
April 21st, 2011 at 07:14
Meike Pruuust !!!!
April 21st, 2011 at 07:17
leichte Gänsehaut – das Glücksgefühl überträgt sich!!!
April 21st, 2011 at 07:26
Wie schön und wie wahr!!!
Und ein Bild vom Koi-Teich?? Wurde doch irgendwann mal angekündigt……
April 21st, 2011 at 07:27
… Glücksgefühle, die offenbar übertragen werden können! Danke nach Shanghai und einen wunderbaren Tag für Dich!
April 21st, 2011 at 07:28
Ich kannte Sie als Autorin und auch sonst vor WWM nicht, habe aber die Geschichte mit den Dates als angeblich reiche Frau, dem Kleid und ich glaube Ihrem Vater mit dem lieben Gesicht, der im Publikum saß, wenn ich mich recht erinnere, nicht vergessen. Und auf diesen Blog bin ich irgendwiie auf M. Kneisslers Facebookseite aufmerksam geworden. Sonst wäre dieses Vergnügen an mir vorbeigegangen.
Ihre Schreibe finde ich ausgesprochen witzig. Also dieser letzte Satz hier wieder nach der Sanftheit eines nicht zu fassenden Glücksgefühls, das muss man können.
Frage: Schreiben Sie besser oder leichter, seit Sie unterwegs sind und Sie irgendwo schweben in dieser Welt? Kommen die Gedankenblitze jetzt zack zack zack? Obwohl es natürlich sein kann, dass Sie vorher schon so perfekte Texte hingelegt haben.
April 21st, 2011 at 07:36
Ach ja, und noch was: Haben Sie mal in Indien WWM geschaut? Ist das wirklich so unfreundlich, wie in dem Film “Slumdog Millionaire”?
April 21st, 2011 at 07:41
Wunderbar diese Eindruecke und Gefuehle. Sie haben sich tatsaechlich auf mich uebertragen. Liebste Meike, man hat direkt das Gefuehl mit Ihnen zu reisen. Bei uns in Oesterreich beginnt heute ja der countown zum osterfest. Heute Fleisch kochen, Eier färben, Brot backen und und und, da ist es immer zwischendurch eine Freude Ihre Erlebnisse zu lesen – bzw. irgendwie auch mitzuerleben. Wuensche Ihnen ein schoenes aussergewoehnliches Osterfest im fernen Shanghai.
April 21st, 2011 at 08:29
Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Groß.
April 21st, 2011 at 09:05
Darum geht es doch: Diese Momente wahrzunehmen – egal ob in Shanghai, im norddeutschen Alltag oder gerade im wunderbar sonnigen Wien…
April 21st, 2011 at 09:07
wunderbar. die vollkommenen augenblicke, die das leben erträglich machen.
viel glück auf ihren wegen weiterhin.
April 21st, 2011 at 09:14
Danke für ein breites Grinsen! (als ich den letzten Satz gelesen hab )
Und danke, dass Sie so schöne Momente mit uns teilen.
April 21st, 2011 at 09:44
Oh, wie schön. Ich wünsche Ihnen noch viele viele viele solche Momente.
Und um auch was profanes zu sagen: Ich weiß ja, es ist die korrekte neue Rechtschreibung, aber “substanziell” sieht doch irgendwie komisch aus, mit diesem z, oder muss man sich da einfach nur dran gewöhnen?
April 21st, 2011 at 09:53
Mir gefällt Ihre Bodenhaftung! Ich habe mich sehr amüsiert.
April 21st, 2011 at 11:19
Hallo. habe mir heute den FEINSCHMECKER 05/11 wegen eines Artikel über das Schloßhotel HUGENPOET gekauft und was finde ich: Winnemuths Weltreise Teil 2 in Buenos Aires, eine schöne Überraschung. Weiter so.
Herzliche Ostergrüße aus dem sommerlichen Münster Marianne
April 21st, 2011 at 13:55
treffend beschrieben , dieses Gefühl. ich kenne es…..
selten und rar , will man es festhalten, geht es ….
alles gute weiterhin
sonnige Oster Grüße aus Deutschland
Sigi
April 21st, 2011 at 17:00
das nenne ich einen szenewechsel vom feinsten!
April 21st, 2011 at 18:08
Ausreichend Klopapier, zur benötigten Zeit, kann extremes Glück bedeuten! So ist eben doch alles in allem.
April 22nd, 2011 at 05:46
Binnnng! Genau auf den Punkt! Auch ich wünsche Ihnen -und uns allen!- noch viele dieser Momente.
April 22nd, 2011 at 07:23
Das Hotel stellt kein Toilettenpapier zur Verfügung?
April 22nd, 2011 at 10:18
ist ja kein hotel:o)
ist eine wohnung
April 22nd, 2011 at 19:13
Liebe Meike,
Glück, Glück, Glück.
Jeden Tag ein Stück.
Ich grüße dich vom Osterurlaub in Wittenberg an der Elbe.
Die Elbe fließt ruhig.
Die Sonne geht als Orange unter.
Und zeichnet einen gleißenden roten Pfad über das Wasser.
So etwas haben Ralph und ich noch nie gesehen.
Später sitzen wir unserem Troll.
Und es ist toll.
Nelly Fleckhaus
April 22nd, 2011 at 19:16
Unsere Chinesin Minzhe aus Peking ist angekommen. Sie wird mit dem Fahrrad zu ihrer Praktikumsstelle im Bergischen Land fahren.
April 22nd, 2011 at 19:59
Ich übe noch um diese Augenblicke des Glücks einzufangen.Hier in Deutschland geht er oft unerkannt im Berufsstress unter.Schade…..
Darum lese ich hier um zu lernen.
April 25th, 2011 at 03:27
@Marie: Nein, ich schreibe genauso leicht oder schwer wie immer. Wobei Bloggen noch mal was anderes ist als das professionelle Schreiben, da rotzt man ja eher was in die Tastatur. Die sechs bis sieben Artikel, die ich trotz Reise jeden Monat schreibe, gehen mir je nach Thema und Gemütsverfassung mal besser, mal schlechter von der Hand. Zu Ihrer zweiten Frage: WWM habe ich in Indien nicht gesehen, leider. Ärgert mich jetzt richtig im Nachherein…
April 26th, 2011 at 11:16
Das wird aber sicher kein Grund sein, noch mal nach Mumbai zurückzukehren.
Juni 7th, 2011 at 18:53
nane &nico: es ist ja kein sonstigen Hotel, sonder “shirley’s temple 88″:) Es gibt immer 20 Rollen Toilettenpapier wie auch 20 Sorten Tee zur verfuergung:) Unsere liebe Meike hat sie ja versehen, aber der Endsatz ist einfach klasse: “Und jetzt gehe ich Klopapier kaufen”, I love it