Samstagsprogramm
Zeit für eine weitere kleine Diashow. Heute: Altstadtbummel.
Der Yu-Garten, etwa 400 Jahre alt, liegt mitten in der Altstadt – die beste Einführung in die chinesische Gartenkunst. Rasenflächen und Blumenbeete findet man hier nicht, dafür Karpfenteiche, Felsformationen, Pavillons, Brücken und einige symbolträchtige Pflanzen wie Bambus, Gingko, Päonien. Der Garten wurde von einem reichen Beamten der Ming-Zeit für seine Eltern angelegt. Bis er allerdings nach 18 Jahren Bauzeit 1577 fertig war, lebten die Alten schon längst nicht mehr. Damals wie heute waren Gärten und Parks zum Leben da, es sind Orte für Familienfeiern, Gesangsdarbietungen, Saufgelage.
Direkt neben dem Garten liegt in einem weiteren Teich eines der schönsten Teehäuser der Stadt, das Hu Xin Ting. Unten wird nur Tee serviert, oben Tee mit Beilage: Tofu, in Sojasauce gegarte Wachteleier, Klebreis im Bambusblatt, getrocknetes Schweinefleisch. Von hier oben hat man einen schönen Blick auf die Zickzack-Brücke, die zum Teehaus führt. Die Form wird oft gewählt, weil Dämonen sich angeblich nur geradeaus bewegen können, man durch neun Biegungen also vor ihnen sicher ist.
Der food court von Yu Yuan. Vielleicht die einfachste Art, zu chinesischem Essen zu kommen, denn hier muss man kein Wort sprechen, nur nehmen und nehmen und nehmen. Und zahlen und beten, dass man einen Platz findet.
In einer Großstadt sollten Haustiere möglichst klein sein. In Shanghai möglichst auch noch transportabel. Der alte Herr oben links hat seine Vögel mit in den Park genommen, damit sie sich mit anderen Vögeln unterhalten können (wildlebenden und anderen Käfigvögeln), der kleine Junge oben rechts führt seinen Goldfisch aus, im Tier- und Insektenmarkt nahe Xintiandi kann man dutzende verschiedengemusterter Kleinschildkröten und Grillen kaufen, die man ebenfalls gern mit sich herumträgt.
Das hat mir gefallen: Große Wäsche wird aus Platzmangel einfach mal zwischen zwei Straßenlaternen aufgehängt. Wäschediebe scheinen hier kein ernsthaftes Problem zu sein.
Die Tong Han Chun-Apotheke, eine der ältesten der Stadt, sieht ungefähr so aus wie eine Douglas-Filiale bei uns und hat auch circa solche Preise. Für diese Ginseng-Wurzel – die immerhin eine besondere ist, weil sich hier zwei Rhizome die Hand reichen, so die Erklärung – werden 339.000 Yuan verlangt, 36.000 Euro. Dafür sollte dann aber auch mindestens ein Extrajahr Lebenszeit drin sein. Ebenfalls empfehlenswert: gemahlene Süßwasserperlen, oral einzunehmen. Soll tolle Haut machen. Ich habe nichts gekauft, aber die Karte mitgenommen, falls jemand interessiert ist…
April 9th, 2011 at 16:14
Der arme Goldfisch.
April 9th, 2011 at 16:18
Wie werden denn wohl die Grillen und Schildkröten ausgeführt?
April 9th, 2011 at 16:24
Wie immer faszinierend-spannend-schön, obwohl das mit den Haustieren recht grenzwertig erscheint/ ist! Wer ist denn Ihre nette Begleitung?
April 9th, 2011 at 18:55
Hallo Frau Winnemuth,
bei Ihrem Zick-Zack-Kurs durch die Welt kann Ihnen sicher kein Dämon folgen Super! Alles, alles Gute weiterhin und “DANKE” dass Sie uns dran teilnehmen lassen!
Renata
April 9th, 2011 at 19:11
Oh je, die Tierchen tun einem schon leid…
Lustig und interessant find ichs immer, wie man z.B. ausgerechnet auf die Zahl 9 kommt, damit einem kein Dämon folgen kann.
April 9th, 2011 at 23:17
Es ist wirklich der absolute Wahnsinn, dass ich vor nur einem knappen halben Jahr genau an diesem Ort war. Genau das selbe Bild vom Yu-Garten findet sich auch auf meinem PC. Wahrscheinlich haben sie sogar auf der selben Bank gesessen. Es ist irreal. Und umso schöner hier noch einmal all die wunderbaren Orte der so faszinierenden Stadt Shanghai wiederzusehen.
Meine Tipps: der Jade-Buddha-Tempel. Lassen Sie sich am besten von einem der Angestellten herumführen. Die verwickeln Sie in amüsante Gespräche über deutsche Autos, erklären Ihnen das chinesische Sternzeichensystem, und und und. Achja, und dort gibt es einen Künstler der ganz unglaubliche Kunstwerke mit seinem Handballen malt.
Tipp 2: ein kleines Dorf (Schande über mein Haupt, ich habe mir den Namen nicht gemerkt) direkt vor Shanghai, durchzogen von lauter Kanälen wie ein kleines asiatisches Venedig. Dort kann man Boot fahren (bzw. sich fahren lassen) und ebenfalls einen wunderschönen Garten besichtigen. Ich hätte ewig dort bleiben können.
April 10th, 2011 at 03:50
@Katrin: Qibao? Suzhou? Beide von Kanälen durchzogen, Qibao liegt allerdings näher an Shanghai und ist mit der U-Bahn zu erreichen. Wollte ich sowieso mal hin.
@Tina: Meine Begleitung ist Kenny, eine sehr nette Führerin, die mich ein bisschen in die hinteren Ecken bringen sollte. Hat sie zwar nicht so wirklich gemacht, es war aber trotzdem schön.
April 10th, 2011 at 03:55
Nachtrag zu vor zwei Tagen:
Ob in China heute noch Hunde gegessen werden? JA. Leider. Was Du in Shanghai vorfindest, ist erst ein winziger Teil der chinesischen Kueche. Sicher verfressen sind sie da auch. Chinesen sagen ja gern statt “wie gehts?” einfach nur “hast Du schon gegessen?”, wenn sie sich treffen. (Ich glaube, das heisst “Chifan le ma” (@ Julia: So richtig? Ich bin ja in China sprachlich auch ein Totalausfall.)
Aber jetzt komm mal nach Guangzhou (das fruehere Kanton). Da essen sie wirklich ALLES. In “wild animal restaurants” werden Ratteneintopf, Krokodile, Schlangen, Kobras, Katzen, kleine und grosse Hunde, Schildkroeten serviert – you name it. Ich war noch nicht da, aber mein Mann und seine Kollegen. Seitdem zitieren sie den Kalauer “der Kantonese ist alles, was vier Beine hat und kein Stuhl ist. Was fliegt und kein Flugzeug ist. Und schwimmt, aber kein U-Boot.” Angeblich haben Chinesen in frueheren Hungersnoeten gelernt, nicht so heikel zu sein. Ich denke, da stoesst sogar Du an Deine Grenzen.
Falls Du es ausprobieren willst: Flieg nach Hongkong – und nimm den Zug nach Guangzhou. Wenn Du wieder zurueck bist, lad ich Dich hier zum Essen ein. Ich koennte Dich natuerlich auch begleiten und die Fotos machen…
April 10th, 2011 at 07:28
ich glaube, ich werde mal versuchen ginseng zu züchten. bei den preisen könnte das rentabel sein.
…. es ist so schön, hier jeden tag zu lesen. danke!
April 10th, 2011 at 07:45
Shanghai scheint netter zu sein, als ich es mir vorgestellt habe. Meike, vielleicht du du diesmal Glück und bist auf einem Fleckchen China gelandet, das auch entzücken kann.
Nelly Fleckhaus
April 10th, 2011 at 11:51
Man taucht durch Ihre Erzählungen immer in eine andere Welt ein…
Ist die Goldfisch-Kugel ein Schlüsselanhänger?
April 10th, 2011 at 16:43
Hallo Meike,
könnte die Kanal-Stadt vielleicht auch Zhou-Zhuang sein? Ich war leider noch nicht dort, habe aber bei einem Freund sehr schöne Bilder gesehen und auf die Schnelle im Netz gerade diesen Link entdeckt:
http://asien.zunftweb.com/tagebuch/china/zhou-zhuang/zhou-zhuang.aspx
April 10th, 2011 at 17:33
@susanne Sehr schöne Bilder. Im Jüdischen Museum in Berlin kann man auch Wunschbänder an einen Baum hängen. Der Glaube versetzt auf jeden Fall Berge.
April 10th, 2011 at 18:15
Das chinesische Venedig ist Suzhou, ca. 1 Std. mit Schnellzug von Shanghai. Man kann sich (von Frauen) durch die Kanäle fahren lassen und “Im Garten des bescheidenen Beamten” spazieren gehen. Wäre ein Tagesausflug.
April 10th, 2011 at 20:27
@meike, susanne, ulrike: Zhou-Zhuang ist das Dorf in dem ich war. Zumindest meine ich, es anhand der Fotos wiedererkannt zu haben. Vielen Dank für die Hinweise!
April 11th, 2011 at 02:12
Oh ja, mit den Kanarienvögeln spazieren gehen – das gab es in HK auch. Find ich schön. Besser als die Frauen, die hier ihre Rassekatzen an der Leine mit an den Strand nehmen
Und Notiz an mich selbst: Meikes Blog NIE vor dem Lunch lesen!
April 16th, 2011 at 06:07
@Lena: Diesen Link zum Thema schickte ein SZ-Leser.
April 17th, 2011 at 15:54
es gibt übrigens auch extra winzig kleine möbel extra für die grillen, zu kaufen auf dem vogelmarkt, neben dem antikmarkt.viele spass weiterhin. gabriele