Gesichtslos
Die Ruinen von Nargador liegt ein paar Kilometer nördlich von Udaipur, mitten auf dem Land an einem kleinen See. Selten, dass hier mal einer anhält, sie liegen nicht auf der üblichen Touristenstrecke und sind deshalb auch nicht bewacht. Wenn man sich die schönen, detailliert gemeißelten Figuren am Vishnu-Tempel anschaut, fällt auf, dass allen die Gesichter weggeschlagen wurden. Warum? Unser Führer Surendra erklärt: Das haben die Einwohner des nahen Dorfs getan, um Antiquitätenschmuggler auszuhebeln. Ohne Gesicht sind die Figuren wertlos. Da habe ich heute fast das erste Mal geheult: zerstören, um zu bewahren, was für eine Entscheidung.
Heute fahren wir rund 190 Kilometer über Land, durch steppige Landschaften, über holprige Straßen, vorbei an ziegenhütenden Kindern, Wasserrädern, die von Ochsen angetrieben werden, und hoch mit Heu beladenen Dromedaren. Wasserbüffelherden kreuzen die Straße, wir überholen Jeeps, in die sich 20 Leute gezwängt haben. Die Männer tragen magentafarbene und dottergelbe Turbane, die Frauen sogar bei der Feldarbeit die Arme voller Schmuck und Saris mit glitzenden Schleiern. Es ist ein Dauerbombardement auf alle Sinne und alle Hirnregionen.
Im Englischen gibt es den schönen Ausdruck „to feast the eyes“ (also etwa: den Augen ein Festmahl bereiten), und das tue ich hier den ganzen Tag. Meine Augen kriegen Futter wie lange nicht mehr, sie werden geradezu gemästet. Fotografieren wird sinnlos, denn in jeder Minute müsste man die Kamera wieder heben; nach einer halben Stunde gebe ich erschöpft auf. Und lasse einfach alles in mich einsickern. Indien kann man sowieso nicht auf Bilder bannen.
März 23rd, 2011 at 17:54
Liebe Meike,
es freut mich riesig, dass Indien Sie jetzt doch begeistert. Genießen Sie es, die viele Farbe und die Schönheit werden Sie immer erinnern, egal wo Sie sich auf dieser Welt befinden. Kosten Sie den Moment aus – Indien ist einfach wunderschön.
Namaste !
März 23rd, 2011 at 18:50
Liebe Meike,
begeistert verfolge ich die Reise, die Eindrücke und Erlebnisse.
Wie der Zufall es will, kam genau nach ihrem Beitrag folgender in meinem Feedreader:
http://www.boston.com/bigpicture/2011/03/holi_festival_of_colors.html
Alles Gute weiterhin und mögen die Augen nie satt werden
herzlichst Gabriela
März 23rd, 2011 at 20:55
Zerstören, um zu bewahren – das ist wirklich herzzerreißend.
(mit den zwei z und den zwei r kommt mir das Wort gerade so komisch vor – habe aber auch schon eine halbe Flasche Zinfandel intus).
März 24th, 2011 at 22:00
in der Tat, mir ging es was das Fotos nehmen angeht ebenso; ich habe irgendwie auch kein einziges Foto von 5 Wochen Indien auf meinem Rechner… Aber ich finde alles wieder in den Ihren.
März 25th, 2011 at 07:35
Danke dass Sie für mich reisen.
März 27th, 2011 at 16:53
Traurig das solch eine Maßnahme getroffen werden muss….Bewahren sie sich ihre schönen Eindrücke!