So very aloha
Mittwoch, 11. Mai 2011Es gibt Menschen, die immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein scheinen. Dieter Runge ist so einer. Ende der Siebziger war er von Hannover über Paris nach London geraten, von dort mit einem 99-Dollar-One Way-Ticket nach New York geflogen, hat eine Punkband gegründet („New York Niggers“) und die Nächte im CBGB verbracht. Mein Gott, das CBGB 1978! Blondie, Talking Heads, Ramones, Patti Smith… Es muss unglaublich gewesen sein. Anfang der Neunziger ist er dann als Windsurflehrer nach Hawaii gegangen, hat hier Kunst studiert und lebt jetzt als Musiker, Maler, Yoga- und Tai Chi-Lehrer direkt an der lieblichen Bucht von Kaneohe in einem Poolhaus mit Outdoor-Küche und Guavenbaum. Und als ob das Leben nicht schon ungerecht genug wäre, sieht er auch noch zehn, fünfzehn Jahre jünger aus als die 62, die er ist. Er steht in Surfershorts am Herd, kocht uns ein ayurvedisches Mittagessen und telefoniert dabei mit einem Freund, ein durch und durch freundlicher, mit sich selbst in Einklang lebender Mann. Natürlich war nicht immer alles golden, wir haben auch über die beschissenen Phasen geredet, ohne die es selbst im Paradies nie geht. Ich weiß das nur zu gut, wie anstrengend es oft ist und wie einsam das auch macht, den aufregenderen Weg zu nehmen. Aber nicht heute, nicht an diesem Frühsommertag. Später wird ihn eine chinesisch-japanische Yogafreundin besuchen, die ein paar Tage bleibt und ihm beim T-Shirt-Bedrucken hilft, damit spielt er gerade ein bisschen herum. Ich ziehe vergnügt mit einem schon leicht löchrigen grauen Shirt ab, auf das er im Blockdruck „Anything is possible“ gedruckt hat. Natürlich ein Klischee – aber wenn’s doch wahr ist?
Begegnungen mit Leuten wie Dieter – also solchen, die immer wieder im richtigen Moment mutig waren und dafür meist belohnt wurden; solchen, die ihr Leben lang neugierig geblieben sind – gehören für mich zu den besten Momenten beim Reisen. Eigentlich sind sie der Grund, überhaupt loszufahren.